Vielleicht kennst du dieses Gefühl auch: du wirst von jemandem angehimmelt.
Im ersten Moment fühlt sich das vielleicht gut für dich an. Du fühlst dich besonders, hervorgehoben “aus der Menge” sozusagen. Du bist aufgefallen und stehst nun auf einem strahlenden Podest, bist die Nummer 1 und hast eine glitzernde Goldmedaille um den Hals.
Im zweiten Moment wird diese Goldmedaille um den Hals zentnerschwer. Sie zieht dich nach unten. Du willst eigentlich nur eins: Sie vom Hals werfen und von diesem Podest runtersteigen. Du willst dich unter die Leute mischen und einfach ein Teil von Allen sein.
Denn angehimmelt werden hat eine Begleiterscheinung: sie hält Nähe fern. Auch alles, was du “anbetest” hältst du aus deinem nahen Umfeld damit automatisch raus. Es entsteht keine Nähe, weil es irgendwie über dir existiert, aber nicht mit und bei dir.
Du merkst das vor allem in Beziehungen: Wenn der eine Partner den anderen anhimmelt kann keine wahre Nähe entstehen. Und diejenigen, die angehimmelt werden fühlen sich oft in der Verpflichtung, durch äußere Einflussnahme besonders zu bleiben: Durch das Erscheinungsbild, durch das, was getan wird, durch alles, was eben nach Außen sichtbar ist. Doch wenn all das nicht von Innen kommt, sondern durch ein Gefühl der Pflicht oder durch dieses Gefühl Besonders bleiben zu müssen, wird es irgendwann unerträglich.
Dieses Phänomen des Anhimmelns beobachtet man auch bei Arzt-Patienten-Beziehungen. Hier ist es besonders schade, denn Heilung hat sehr viel mit Vertrauen und damit auch Nähe zu tun. Bei Ärzten wird dieses Phänomen künstlich unterstützt durch seine Kleidung und seit neueren Zeiten ja auch durch die Maske. Diese Maske, die den größten Teil des Gesichts und damit auch der Mimik verdeckt kann Vertrauen nicht entstehen lassen, kann Nähe nicht entstehen lassen. Und all das sind wichtige “Werkzeuge” für uns Menschen. Wir haben unsere Mimik aus einem guten Grund. Sie hilft uns in unendlich vielen Momenten weiter. Sie lässt Nähe entstehen oder eben jene verschwinden. Sie lässt Dinge erkennen, die durch Worte allein unsichtbar bleiben. Oft kannst du die Wahrheit von etwas Gesagtem nur über die Mimik überprüfen. Und vor allem die Gefühle lassen sich im Gesicht ablesen, denn sie sind, im Gegensatz zu Worten, für die meisten Menschen sehr viel schwieriger zu kontrollieren.
Wir können sogar die Mimik von Tieren erlernen und so mit ihnen kommunizieren. Ist das nicht wundervoll?
Als junger Mensch fand ich es auch einst toll, angehimmelt zu werden. Und ich durfte in meinem Leben genau das auch erleben. Ich wurde angehimmelt. Und ich habe gespürt, was es schlussendlich mit mir gemacht hat und warum dieses Phänomen in meinem Leben nicht mehr gewünscht ist. Denn ich wünsche mir Nähe und Vertrauen. Genau die Dinge, die durch das Anhimmeln nicht mehr möglich sind.
Wenn du also den Wunsch hast angehimmelt zu werden sei dir dabei bitte bewusst, dass dann wahre Nähe nicht mehr möglich ist. Wenn du gerade die Nähe allerdings nicht möchtest, dann ist es genau passend!
Zu meinen Mitmenschen wünsche ich mir Nähe und Vertrauen. Ich wünsche mir, dass wir uns in die Augen sehen und uns spüren können. Es braucht keine Distanz um gut miteinander arbeiten zu können, es braucht das Fühlen des anderen. Wenn ich “mitfühlen” kann, was jemand als Geschichte mitbringt kann ich ganz anders auf sie, auf ihn eingehen. Und ich kann ganz anders mit ihr und mit ihm arbeiten.