Samhain

Es ist noch dunkel. Nebelschleier liegen auf den Feldern und Weiten vor meinem Küchenfenster. Die beruhigende Morgenstille liegt noch auf Allem – und heute etwas länger als sonst, denn es ist, zumindest hier in Niedersachsen, ein gesetzlicher Feiertag.

Eine Schwere lastet auf Allem. Eine Schwere aus Streiten, Kriegen und der Energie, die Samhain ganz eigen ist. Ich gehe einige Jahre zurück, bis in meine Kindheit. Krieg hat es immer gegeben, solange ich lebe. Nicht in Deutschland, aber immer wieder hier und dort auf der Welt. Manchmal schlimm, manchmal weniger schlimm. Kriege mit den unterschiedlichsten Auswirkungen.

Menschen. Menschen sind oft sehr schwierig. Und sie haben all die Jahre nicht gelernt, dass all ihr Handeln und ihr Nicht-Handeln Konsequenzen hat. Ich bin nun ein bißchen über 40 Jahre auf dieser Welt und die meisten Menschen haben das in dieser Zeit nicht verinnerlicht. Fast könnte ich glauben, dass es tatsächlich anders ist, denn wenn die meisten Menschen ganz anders denken und handeln, wer weiß, vielleicht liege ich ja falsch? Karmisch jedenfalls ist das Gewicht von Mutter Erde gerade ziemlich krass schwer. Und wir geraten in eine sehr merkwürdige Schieflage. Und manchmal frage ich mich: merkt das denn keiner?

All diese Gedanken an einem Samhain Morgen. Samhain. Das Ende des Hexenjahres, das letzte Erntefest. Ich sehe ein Bild vor meinem inneren Auge:

Eine lange Tafel, ein weißes Tuch liegt auf ihr. Es stehen viele Speisen in der Mitte, Kerzen, Gedecke. Fröhliche Menschen sitzen daran und feiern. Kinder lachen und laufen umher. Es wird Musik gemacht und getanzt, gegessen, getrunken und es ist eine wundervolle Stimmung. Und oben, am Kopf der Tafel sitzt eine alte Frau, mit vielen Falten und langem weißen Haar. Ihr Gesicht lächelt, ihre Augen sehen das, was sich vor ihr ausbreitet. Es ist Samhain vor vielen Jahren. Ein Fest, an dem die Ahninnen und Ahnen geehrt wurden. Ein Fest, an dem auch sie einen Platz an der Tafel bekamen und Kerzen für sie angezündet wurden. Später am Abend wurde ein Ritual gemacht, die Ahnen wurden um ihren Rat befragt. Manchmal war die Antwort klar, manchmal nicht. Böse Geister wurden durch abschreckende Masken ferngehalten. Und die freundlichen Geister blieben bis zum 1. November, dann wurden sie wieder nach Hause begleitet durch das Licht der Kerzen.

Eine denkwürdige Nacht und jeder feinfühlige Mensch spürt auch heute noch, dass die Energie heute anders ist. Dichter, vielleicht fühlt man sich traurig und einfach schwer. Alles, was in den letzten Wochen an Schwierigkeiten im Leben auftauchte wiegt doppelt. Samhain.

Und wer das Samhainfest so feiern möchte, wie es einmal gedacht war, steht recht einsam dar. Die Menschen haben den Zugang zu sich und dem, was sie sind und ausmacht, soweit verloren. Alles mögliche wird abgelehnt, von den Wurzeln, über die eigenen Herkunft, andere Menschen, die Welt…. Vielleicht müssen wir auch alle diesen Weg gehen, der über die Ablehnung führt. Ich war auch einmal da, an dieser Stelle der Ablehnung. Und auch heute kämpfe ich mit mir selbst, weil ich einige Teile meines Lebens immer noch ablehne. Aber eigentlich wissen wir auch alle: Ablehnung führt nirgends hin, außer zu Krankheit.

Ich möchte diesen Tag in Dankbarkeit begehen – Dankbarkeit für mein Sein – und für meine Lieben. Dankbarkeit hier sein zu dürfen und daran sind meine Ahninnen ja nicht ganz unbeteiligt. Dankbarkeit für den Frieden und die Liebe, die hier in meiner Umgebung sind. Das ist, wie wir gerade in den letzten Tagen überall sehen können, nicht selbstverständlich.

Ich weiß, Samhain ist fast ein unbekanntes Fest geworden. Es wurde kirchlich abgelöst durch etwas, was mit uns nicht viel zu tun hat und dann bekam es andernorts nochmal ein ganz anderes Gesicht. Heute kennen wir den Tag überall als “Halloween” oder All Hallows Eve. Wenn man mal die kaum an Schrecklichkeit zu übertreffenden Masken anschaut, die da an dem Abend so zu sehen sind, müsste man ja davon ausgehen, dass die bösen Geister weit weg bleiben müssen.

Die Kerze in meinem Fenster verströmt ihr tröstliches Licht – heute und morgen steht sie dort für die Liebe, den Frieden und für einen Weg, für den ich so dankbar bin und für meine Ahninnen, deren Weisheit ich auch heute noch und wieder verstehen lernen darf.

Ich wünsche euch allen ein wundervolles Fest und einen Tag, den ihr in Erinnerung behaltet als Samhain, das Fest der Ahninnen und Ahnen und des Friedens.

Eure Susanne

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